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9.10 Kinder & Jugendliche – „Verzögerung erben?“

🧒 Systemische Position

Sie sind die meistbeschworene Zukunft – aber kaum mit Handlungsmacht ausgestattet.
Statt echter Mitsprache erhalten sie:

Ermutigung. Projekte. Mahnungen.
Doch die Systemlogik bleibt:
„Ihr seid die Zukunft – aber wir entscheiden heute.“

⏳ Verzögerung im Umgang mit jungen Menschen

  • Infantilisiert („Ihr seid so engagiert!“)
  • Depolitisiert (Klimaschutz = „Verhalten verbessern“)
  • Moralisierend (Lob für Bescheidenheit, nicht für Kritik)
  • Symbolisiert („Ihr seid unsere Hoffnung“) – statt strukturell eingebunden

🔧 Beispiel 1: Projekttag ohne Macht

Typischer Ablauf:

  • Kinder malen Plakate: „Rettet die Erde“
  • Lehrer:innen sagen: „Ihr könnt etwas verändern“
  • Am Ende: Applaus – aber keine Brücke zur Realität

Alternative:
Realitätsmodul: „Wer verzögert was – in unserer Stadt?“

Fragen:

  • Wer entscheidet über Straßen, Flächen, Investitionen?
  • Welche Versprechen hat unsere Stadt gemacht – und was ist passiert?
  • Wo können wir nachfragen – oder intervenieren?

Ziel:
Kritik als Kompetenz – nicht nur Mitmachen

🔧 Beispiel 2: Schulbuchkonfrontation

Situation: Schulbuchtext zum Klimawandel endet mit:

„Wenn jeder etwas beiträgt, können wir das Ziel noch erreichen.“

Störung

→ Neue Aufgabe:

„Formuliere den Text um – für eine Realität, in der jemand aktiv verzögert.“

Beispielantwort (Schüler:in):

„Obwohl Millionen Menschen sich bemühen, blockieren einige wenige jede wirksame Veränderung. Warum? Weil sie davon profitieren.“

➡️ Bildung = Politisierung – nicht Pädagogisierung

🔧 Beispiel 3: Jugend spricht zurück

Format: „Was wir hören – und was wir denken“

Zwei-Spalten-Plakat oder Insta-Serie:

Was Erwachsene sagenWas Jugendliche denken
„Ihr seid so engagiert – das macht Hoffnung.“„Aber ihr tut trotzdem nichts.“
„Wir machen das ja für euch.“„Dann fragt uns wenigstens mal.“
„Früher hatten wir auch Probleme.“„Ja – und ihr habt sie nicht gelöst.“

Ziel:
Sprach-Macht sichtbar machen.
Moral durch Realität ersetzen.

📚 Toolbox für jugendliche Systemkritik

Titel: „Nicht nur Zukunft – auch Gegenwart“

Module:

  1. Wer verzögert? – Power-Map-Übung für Schulen
  2. Wie klingt Macht? – Analyse von Politiker:innensprache
  3. Was tun? – Miniaktionen für lokale Sichtbarkeit
    • z. B. Brief an Lokalzeitung
    • Statement in Ausschuss
    • Offener Brief mit konkreten Forderungen

➡️ Ziel: Handlung als Analyse – nicht nur Aktionismus

💡 Fazit

Jugendliche sind nicht nur betroffen – sie sind Zeug:innen einer strukturierten Verzögerung.
Wer ihnen zuhört, muss mehr tun als bestärken.
Er muss ihnen Handlung zutrauen – und Macht übergeben.

Nicht: „Ihr seid die Hoffnung.“
Sondern: „Ihr seid der Maßstab – an dem wir scheitern oder handeln.“